Das wars, leider
Ein ehemals ambitioniertes Medienprojekt stirbt endgültig. Denn heute wurde den Mitarbeitern der netzeitung zum 31.12.2009 gekündigt.
"06.11.2009
Netzeitung wird Nachrichtenportal
Aus wirtschaftlichen Gründen wird das bisherige Konzept einer Internetzeitung mit eigener Redaktion zum 31. Dezember 2009 aufgegeben. Aus diesem Grund wird sämtlichen Mitarbeitern in Kürze betriebsbedingt gekündigt werden. Bestehende vertragliche Verpflichtungen der Internetzeitung werden noch im 1. Quartal 2010 erfüllt. Es wird geplant, zukünftig die Netzeitung als automatisiertes Nachrichtenportal zu nutzen. Die NZ-Teletextaktivitäten sind davon unberührt und sollen in Zukunft eine stärkere Rolle in der Gruppe spielen.Wir bedauern die für die Mitarbeiter mit der Entscheidung verbundenen Härten. In der derzeitigen Form ist die Internetzeitung wirtschaftlich aber nicht zu betreiben." Quelle: dumont.de
Ich war einer der ersten Netzeitungs-Leser und habe dieses Projekt seit 9 Jahren mit Interesse verfolgt. Wenn ich mich schnell und objektiv informieren wollte, dann kam jahrelang zu allererst die nz - und dann Spiegel online. Großes Vergnügen machte immer wieder die Medienrubrik Altpapierkorb, der den gesammelten medialen Wahnsinn des Vortages auf den Punkt gebracht hat. Den Altpapierkorb gibt es noch.
Die Netzeitung war im Jahr 2000 die erste deutsche Tageszeitung, die nur im Internet erschien. Ich kann mich noch erinnern, das die netzeitung zum Anfang auch ne ganze Weile als pdf erschien - falls sie sich doch jemand ausdrucken wollte.
Leider verlinkt webarchive.org nur zur aktuellen Ausgabe, so das ich nirgends ältere nz-Ausgaben gefunden hab. Aber anhand des Screenshots kann man schon sehen, das da früher wirklich eine komplette Redaktion dieses Projekt betrieben hat. Nach der dotcom-Blase 2001 wurde es schon zum ersten Mal schwierig. Die nz kam unter das Dach der "Berliner Zeitung" - man erhoffte sich Synergie-Effekte, vor allem für den Auftritt der "Berliner Zeitung". Doch es kam schlimmer: David Montgomery und seine Private-Equity-Firma Mecom fielen über Berliner und nz her. Mit dem Ergebnis, das beide Zeitungen redaktionell ausbluteten bis über die Schmerzgrenze hinaus. Im letzten Jahr fuhr aber auch die Mecom an die Wand und nz und Berliner wurden an die Kölner Verleger DuMont/Schauberg verkauft. DuMont/Schauberg versprach, in beiden Zeitungen auch in die Redaktionen zu investieren. DuMont/Schauberg war in Berlin in beiden Redaktionen hoch willkommen. Und nach einem knappen Jahr wird bei der nz der Stecker gezogen...
NACHTRAG 19. November 2009:
Die netzeitung soll nach Angaben der Eigentümer DuMont und Berliner Verlag als "automatisiertes Nachrichtenportal" weiterbetrieben werden. Was davon zu halten ist, darüber sprach Jörg Wagner vom radioeins-Medienmagazin mit Matthias Breitinger, Wirtschaftsredakteur bei der netzeitung. [Interview beginnt ab 08.35min]