Vergesst die Wahrheit nicht!
In bestechend klaren Floskeln hat unser Herr Außenminister sich heute zum HartzIV-Urteil des Bundesgerichtshofes zu Wort gemeldet. Der BGH hatte die Berechnungsgrundlage für die Hartz-IV-Sätze für Erwachsene und Kinder als "nicht verfassungskonform" beurteilt. Kein Wort von irgendwelchen Erhöhungen oder anderem Ausbau der Leistungen - nur die mathematische Berechnungsgrundlage ist falsch. Dies veranlasste Herrn Westerwelle zu einem Gastkommentar in der "Welt". Zitat: "Die Diskussion nach der Karlsruher Hartz-IV-Entscheidung hat sozialistische Züge. Debattiert wird die Frage: Wer bekommt mehr? "Staatliche Leistungen" nennt man diese Zahlungen. Dabei sind es Leistungen des Steuerzahlers, die der Staat verteilt. Wie in einem pawlowschen Reflex wird gerufen, jetzt könne es erst recht keine Entlastung der Bürger mehr geben, das Geld brauche man für höhere Hartz-IV-Sätze."
Sind HartzIV-Empfänger keine Bürger mehr? Wieso regt Herrn Westerwelle die Debatte "Wer bekommt mehr?" denn so auf? Wurden wir Bürger denn von der FDP gefragt, ob Hoteliers, Apotheker, Pharma-Hersteller denn mehr bekommen sollen? Die pawlowschen Reflexe zeigt eindeutig die Partei der Besserverdienenden, FDP.
Aber schauen wir, was Herr Westerwelle weiter an Verbalejakulat von sich gibt: "Die Mittelschicht in Deutschland ist in den vergangenen zehn Jahren von zwei Dritteln auf noch gut die Hälfte der Gesellschaft geschrumpft. Damit bröckelt die Brücke zwischen Arm und Reich. Eine Gesellschaft ohne Mitte fliegt auseinander, und der Politik fliegt sie um die Ohren." Wenn es endlich gesetzliche Mindestlöhne gäbe, wenn Zeitarbeiter endlich mehr verdienen würden als die normale Belegschaft -so wie in vielen anderen Ländern üblich-, dann gäbe es mehr Steuerzahler. Wenn nicht Vermögens- und Erbschaftssteuer so radikal gesenkt worden wären, hätte der Staat höhere Einnahmen. Wenn nicht jahrzehntelang Steuerverbrecher wie Herr Zumwinkel ihre "Einkommen" (in Wahrheit Diebesgut am Volksvermögen) am Fiskus vorbei hätten schleusen können, sähen die Staatsfinanzen auch besser aus. Es wäre wünschenswert, wenn diese Gesellschaft den Herren und Damen in Berlin endlich um die Ohren fliegen würde! Denn mit diesem Pack an der Staatsspitze wird das Volk nur weiter ausgebeutet und unterdrückt! Weg mit denen!
"CDs mit den Daten krimineller Steuerhinterzieher erregen die ganze Republik. Tausendmal mehr Bürger, die für ihre Arbeit weniger bekommen, als wenn sie Hartz IV bezögen, tun es nicht." CD´s mit Daten von Steuerhinterziehern regen mich genauso auf, wie Menschen, die für solche Hungerlöhne arbeiten müssen. Da gibt es zwei ganz einfache Antworten, Herr Westerwelle: Steuerkriminelle in den Knast und mit dem eingenommenen Geld menschenwürdige Löhne finanzieren!
Aber weiter im Text: "Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst. Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein." Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken? Das trauen Sie sich zu sagen, Herr Westerwelle??? Ihre Partei ist es, die seit Jahrzehnten für eine freie ( frei von Verantwortung) Marktwirtschaft kämpft, die radikalen Sozialabbau fordert wo immer es geht. Und die Leistungsträger sind sicher nicht die Verbrecher in den Vorstandsetagen oder diejenigen, die Millionenvermögen erben. Das sind die Arbeiter, Bauern und Angestellten. Auch Arbeiterklasse genannt. Und "spätrömisch dekadent" wirkt es, wenn Bankster noch mit Millionenboni aus der Staatskasse belohnt werden.
"Dieses Umsteuern ist für mich der Kern der geistig-politischen Wende, die ich nach der Diskussion über die Karlsruher Entscheidung für nötiger halte denn je."
Eine geistig-politische Wende ist wirklich nötiger denn je. Weg mit den Drecksäcken, die die Armen immer mehr schröpfen, um es den Reichen in ihre aufgeblasenen Ärsche zu stecken!!!
mehr dazu: welt.de, Antwort von Herrn Gabriel auf spiegel-online.de
02. März 2010, Nachtrag: Ich halte gerade die aktuelle Print-Ausgabe des Spiegel (09/2010) in den Händen. Die Leserbriefe zur Ausgabe 08/2010 (Titel:"Der unglaubliche Guido") sind diesesmal sehr amüsant:
"Westerwelle ist der uncoolste Deutsche. Bernd Straub, Köln Ich möchte mich beim deutschen Volk entschuldigen und hoffe, das es mir 14 Prozent gleichtun. Mein Schuldeingeständniss: Ich habe Westerwelle im September gewählt, und das ist mir mittlerweile sehr peinlich; und ich verspüre Schuld an der Misere, in die dieser spätpubertierende Schreihals die deutsche Politik manövriert. Hoffen wir, dass die Nordrhein-Westfalen, die ihn im September 2009 wählten, ihm im Mai nicht wieder auf den Leim gehen. Hans Hofmann, Westerstede(Nieders.) Westerwelles Ausfälle erinnern mich an die Rhetorik eines Jörg Haider. Westerwelle ist bei Gott kein Rassist, aber die Methode, sich zu profilieren, indem man eine kleine, unterprivilegierte Gruppe vom Rest der Gesellschaft zu spalten versucht, ist doch dieselbe. Ferdinand Beck, Fellbach (Bad.-Württ.)"